
Der 24 Jahre alte DP-World-Tour-Spieler ist einer der vielversprechendsten deutschen Profis und aktuell in einer tollen Form. Beeindruckend ist aber nicht nur das Spiel des Mönchengladbachers, sondern vor allem auch sein Charakter.
Es schüttet wie aus Eimern, als Jannik de Bruyn am Finaltag der BMW International Open mit seinen Kopfhörern in den Ohren den ersten Abschlag betritt, seinem Caddie mit einem breiten Grinsen im Gesicht einen Fist-Bump gibt und sich von seiner Freundin Catherine vor dem Start noch schnell einen Kuss abholt. Der 24-Jährige, der in Eichenried als bester Deutscher in die Schlussrunde geht, wirkt tiefenentspannt – und genau das ist er auch – nicht nur an diesem Tag. „Ich weiß nicht, ob ich überhaupt schon einmal so entspannt war, in eine Turnierwoche zu gehen wie hier bei den BMW International Open“, hatte Jannik GOLF’n’STYLE noch vor seinem Start bei seinem Lieblingsturnier in München gesagt. Und warum sollte er das auch nicht sein? Schließlich läuft es bei dem Tour-Neuling derzeit ausgezeichnet. Bei sieben Turnieren auf der DP World Tour in dieser Saison hat Jannik nur zwei Cuts verpasst und zuletzt gleich dreimal eindrucksvoll gezeigt, was in ihm steckt. Bei den European Open auf den Green Eagle Golf Courses bei Hamburg spielte er bis zur Finalrunde um den Sieg mit, in Italien verpasste er nur um einen Schlag ein Play-off mit Marcel Siem und Tom McKibbin und wurde Dritter. In München kam nun ein weiteres Top-30- Ergebnis hinzu.
Der entspannte Jannik
Was dabei von Woche zu Woche aufs Neue beeindruckend ist, wie gelassen, entspannt, positiv und sympathisch sich der Mönchengladbacher und große Fußballfan der Borussia gibt. Reflektiert und offen im Gespräch mit den Medien, freundlich im Umgang mit den Fans und dabei immer mit einem Lächeln auf den Lippen. Jannik de Bruyn ist cool wie Eis, ohne dabei auch nur eine Spur von Arroganz zu zeigen. Der „German Lefty“ (Anlehnung an Phil Mickelson, da Jannik auch Linkshänder ist), schafft es, seinen Beruf und seine Leidenschaft zu genießen – selbst dann, wenn eine Runde oder ein Turnier mal nicht nach Plan verläuft. „Wenn man gut spielt, ist es natürlich einfach, mit einem Lächeln über den Platz zu laufen. Mir gelingt das in letzter Zeit aber auch immer besser, wenn es nicht so gut läuft“, sagt Jannik von sich selbst. Doch wie? „Weil man sich natürlich immer weiterentwickelt, auch durch die Erfahrungen, die man macht“, sagt er. „Ich hatte auch Phasen, wo ich einfach das Golfergebnis nicht von meiner Person trennen konnte. Im Endeffekt definiert man sich ja auch viel über seine Leidenschaften und Golf nimmt nun mal einen großen Stellenwert in meinem Leben ein.“
Performance-Coach für die inneren Aspekte
Deshalb hilft ihm seit genau einem Jahr auch sein Inner-Performance-Coach Chris Hamilton im Umgang mit mentalen Aspekten, Emotionen, aber auch dem generellen Lebensstil. „Chris hat mir ein Stück weit die Augen geöffnet, sagt Jannik. „Er hat mir geholfen, sowohl mein Leben generell als auch das Golfen, das ja auch ein großer Teil meines Lebens ist, deutlich entspannter, deutlich positiver zu sehen. Seit ich mit ihm zusammenarbeite, fühlt sich alles deutlich leichter an. Vorher war ich oft sehr verkopft, habe wenig gute Ergebnisse geliefert und seitdem wir zusammenarbeiten, geht es sowohl in der Konstanz als auch in der Qualität nach oben.“ Denn Jannik versteht, dass es ein Privileg ist, sein Hobby zum Beruf machen zu können. „All die Zeit, die ich in meinen Beruf investiere, investiere ich ja praktisch in mich. Egal, ob ich ins Gym gehe, ob ich auf der Range trainiere oder auch mental: Ich arbeite daran, immer besser zu werden. Das ist das Schönste daran, Golfprofi zu sein und auch das hat mir sehr in der Charakterentwicklung geholfen. Zu Herzen genommen, hat sich Jannik auch eine Weisheit seines Trainers Thomas Gögele, selbst ehemals Tourpro, der ihm mit auf den Weg gab: „Als Golfprofi musst du immer darauf schauen, was du gewonnen hast. Sei es jetzt das Preisgeld oder die Punkte im Saisonranking oder die Erfahrung. Niemals darf man auf das schauen, was man verloren hat.“
Janniks Weg
Und auch wenn der 1,93 Meter große Jannik de Bruyn noch auf seinen ersten Sieg bei einer der höchsten Touren wartet, so hat er in seiner Karriere schon so einiges gewonnen. Angefangen mit der Liebe zum Golfsport. Anders als in den meisten Fällen kam Jannik nicht durch seine Familie, sondern seine Familie durch ihn in Kontakt damit. „Ich war eigentlich im Fußball unterwegs, bis ich elf war und Golf irgendwie im Fernsehen gesehen habe. Da wusste ich, das will ich ausprobieren, und bin meinem Vater dann so lange auf die Nerven gegangen, bis er mich zum nahegelegenen Golfclub Schloss Myllendonk in Mönchengladbach gebracht hat“, erzählt Jannik von seinen Anfängen im Golf. Relativ schnell hat es so Klick gemacht und er hatte seinen neuen Lieblingssport gefunden. Wichtig war seinen Eltern nur, dass Jannik, als es in der elften Klasse in den Nationalkader ging, trotzdem sein Abitur macht. „Für mich war nach der Schule damals dann schon klar, dass ich dann versuchen würde, Profi zu werden.“ Zu diesem Ziel hatte auch das Wunder von Medinah – der Ryder Cup 2012 in den USA beigetragen. „Der Ryder Cup in Medinah – das war so unglaublich geil damals“ sagt Jannik, der damals mit fast 13 Jahren genau wie seine ältere Schwester extra länger wach bleiben durfte. „Das hat mich damals wirklich komplett geflasht“, meint der heutige Tourspieler und schwelgt in Erinnerung an die unglaubliche Aufholjagd von Team Europe. „Danach war auch meinem Vater bewusst, dass es eher in Richtung Golf gehen wird bei mir.“ Auch deshalb zählten neben Tiger Woods Spieler wie Henrik Stenson, Justin Rose und Martin Kaymer zu Janniks größten Vorbildern. Nach dem Abi hatte er dann eigentlich schon einem US-College zugesagt, doch dann kam Corona. Kurzerhand entschloss sich der Mönchengladbacher dazu, mit zwei seiner guten Freunde, Nick Bachem (spielt auch auf der DP World Tour) und Marc Hammer (Spieler auf der Challenge Tour), eine WG zu gründen. „Das war eine witzige Idee damals. Ein wenig chaotisch, aber witzig.“ Mittlerweile lebt Jannik in einer eigenen Wohnung. Die Freundschaft mit Marc Hammer und Nick Bachem aber ist geblieben, auch wenn nicht mehr alle auf derselben Tour spielen. Über die Pro Golf Tour, die Challenge Tour und die Qualifying School hat sich Jannik mittlerweile zur DP World Tour hochgekämpft, wo er nach seinen Ergebnissen zuletzt auf einem guten Weg ist, sich auf für das kommende Jahr die Tourkarte zu erspielen.
Wie geht es weiter?
Das nächste Event, das Jannik plant, zu spielen, ist das Czech Masters Mitte August. In Europa – da, wo er es am liebsten mag. „Ich hasse es, zu reisen. Vor Ort ist dann alles schön, aber der Reiseprozess ist nicht meins. Wenn wir in Europa spielen und die Wege nicht mehr so lang sind, fühle ich mich immer deutlich wohler. Gefühlt habe ich auch, seitdem wir in Europa zocken, angefangen, gutes Golf zu spielen. Da gibt es auf jeden Fall eine Korrelation“, sagt er und versichert trotz der guten Form, bislang nicht daran gedacht zu haben, wann es so weit sein könnte mit dem ersten Sieg. „Natürlich stellt man sich mal vor, wie geil es wäre, zu gewinnen. Das ist ja auch ein Traum. Aber dass ich jetzt sage: ‚In ein paar Wochen schnuppere ich mal am Sieg‘, das habe ich nicht.“ Sein Ziel bleibt stattdessen die Weiterentwicklung – sowohl auf dem Golfplatz als auch abseits davon. So wie man es vom charismatischen, reflektierten Jannik de Bruyn gewohnt ist.