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Golf

Interview Martin Kaymer: “Die richtige Entscheidung”

23. September 2022
Martin Kaymer auf der LIV Tour in Bedminster

Im Interview mit GOLF’n’STYLE sprach der 37 Jahre alte Players-Champion, zweifache Majorsieger und Ryder Cup Held von Medinah über den Spaßfaktor bei LIV Golf Events, deren Unterschied zu Turnieren anderer Touren und über die Zukunft des Ryder Cups.

Martin, das wichtigste zuerst: Wie geht’s Deinem kleinen Sohn?

Dem geht’s super. Er ist jetzt acht Monate alt und will unbedingt stehen – was ich sehr früh finde. Aber der kleine Mann hat auf jeden Fall ein Kämpferherz. Wir haben sehr viel Freude mit ihm.

Ihr wohnt in Düsseldorf. Ist das der Ort, an dem Ihr als Familie glücklich seid und wo Ihr in Zukunft Euren Lebensmittelpunkt seht?

Ja, auf jeden Fall. Deshalb habe ich mich für die Dinge entschieden, die kürzlich passiert sind. Weil ich gerne in Deutschland leben möchte, gerne zu Hause bin und natürlich um mit meiner Familie möglichst viel Zeit zu verbringen.

Wenn Du von Dingen sprichst, die kürzlich passiert sind, meinst Du sicher Deine Entscheidung auf der LIV Golf Tour zu spielen. Das ist gefühlt das einzige, worum es zuletzt ging. Uns interessiert: Wie anders ist ein LIV Event gegenüber anderer Touren aus der Sicht eines Spielers. Das ganze Drumherum: Musik auf der Range, Popkonzerte für die Fans. Erzähl mal.

Wesentlich anders! Tatsächlich merkt man, dass das Surrounding eine gewisse Entspanntheit mich sich bringt. Als Spieler nimmst du die Musik nicht so sehr wahr. Die läuft eher im Hintergrund. Die Menschen haben einfach viel mehr Spaß. Auch die Leute, die kein Golf spielen. Man kann essen, trinken, mit Freunden abhängen und dabei ein bisschen Golf schauen. Und abends gibt es tolle Konzerte.

Warst du schon auf einem der Konzerte?

Nein, ich persönlich war noch auf keinem. Wenn ich ein Turnier spiele, spiele ich das Turnier und gehe nicht auf ein Konzert. Aber Nelly hat uns Spielern in New York ein Privatkonzert gegeben. Das war natürlich total cool. Ich weiß noch, wie ich damals zur Schule gefahren bin und mir seine Lieder angehört habe. Die Atmosphäre ist auf jeden Fall deutlich entspannter und der Spaßfaktor und das Entertainment steht im Vordergrund. Für die Fans ist das super. Als Spieler muss man sich ein wenig daran gewöhnen. Für mich ist es bisher ein riesengroßer Erfolg.

Bei allem, was Du in Deiner Karriere erreicht hast und bei Deiner Liebe zur European bzw. DP World Tour, die Du immer wieder betonst, brauchst Du diese Touren noch oder reicht es Dir in Zukunft auf der LIV Tour zu spielen, wenn es Dir dort ohnehin mehr Spaß macht?

Für mich ist Ehrlichkeit wichtig. Man muss ehrlich zu sich selbst sein. Ich habe bisher eine tolle Karriere gehabt und viele Erfolge gefeiert, mit denen ich nicht unbedingt gerechnet habe. In der Tiger Woods Generation die Nummer eins der Welt zu sein – ich hätte nicht gedacht, das zu erreichen. Bei dem Lebensstil, den ich jetzt mit meiner Familie habe, passt die neue Tour einfach perfekt. Natürlich bin ich ein riesengroßer European Tour Fan. Es war als Kind immer mein Traum, dort zu spielen. Dort habe ich tolle Erfolge gefeiert, tolle Menschen kennengelernt, Ryder Cups gespielt und es war super. Aber auch hier muss man ehrlich zu sich selbst sein und sich fragen: Wo gehen die ganzen Touren hin? Sehe ich mich da in der Zukunft oder habe ich eine bessere Option? Meine Arbeit bleibt ja die gleiche. Ich spiele immer noch Golf, ich kann die Turniere immer noch gewinnen und deswegen war es für mich die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt.

Du hast den Ryder Cup als absolutes Highlight für euch Spieler angesprochen. Auch für die Fans ist es sicherlich das größte Golfevent, das es gibt. Jetzt reden wir über Henrik Stenson als gefeuerten Captain. Wie siehst du die Entwicklung des Ryder Cups, wenn dann eben auch die Hälfte der Weltspitze nicht am Start sein wird, weil sie auf der LIV Tour spielt.

Das ist sehr schade. Aber es ist ja zumindest ein bisschen „by choice“. Das ist vermeidbar. Wieso schließt das eine das andere aus? Da müsste man sich gemeinsam an den Tisch setzen und besprechen, ob das wirklich im Sinne des großen Ganzen ist. Denn Ryder Cups waren in meiner Karriere die besten Erlebnisse. Damit meine ich nicht nur den einen Putt in Chicago, sondern generell die Erfahrung. Es wäre schade, wenn das die Atmosphäre trübt oder das Interesse der Fans nachlässt, weil die weltweit besten Spieler nicht teilnehmen dürfen. Das ist auf jeden Fall eine Gefahrenzone. Die Hoffnung ist aber da, dass in den nächsten zwei bis drei Jahren mehr Harmonie herrschen könnte. Es müssen die Egos mal zurückgestellt und es muss im Interesse der Spieler und Fans gehandelt werden. Wir Spieler sind schließlich das Produkt, die Fans bringen die Atmosphäre und teilweise das Geld. Wenn man sich fragt: Was wäre das Beste für die Sportart, die Menschen und den Nachwuchs, den man inspirieren möchte, wäre sicherlich wieder ein Ryder Cup mit den besten Spielern der Welt denkbar.

Fotos: IMAGO/Icon Sportswire