
Von Julius Allzeit
Es ist diese eine Szene, die perfekt beschreibt, wie Alexandra Försterling tickt…,
als ich sie darauf angesprochen habe, ob sie wisse, dass sie mit vier Siegen auf allerhöchster Profi-Ebene bereits die auf der LET-Tour erfolgreichste deutsche Golferin aller Zeiten sei, antwortete sie überrascht: „Oh, das habe ich nicht gewusst“ und dann bescheiden relativiert: „Dafür hat Sophia Popov ein Major gewonnen, das will ich nicht vergleichen. Aber natürlich bin ich sehr stolz auf das, was ich schon erreicht habe.“ Die 25-Jährige strahlt, als sie über ihre Erfolge spricht, über ihren raketenmäßigen Start in die Karriere, über die Olympischen Spiele und darüber, wie sehr sie es liebt, Golf zu spielen. Sie wirkt selbstbewusst und ehrgeizig, aber auch bescheiden und bodenständig. Sie hat, trotz ihres Alters, eben schon viel erlebt.
“Die Jahre 2023 und 2024 waren für mich eine unglaublich coole und wahnsinnig aufregende Zeit. Es ist ja nicht so, als würde es irgendwann normal werden Turniere zu gewinnen.“
Der Traum vom Profigolf
Alex, wie sie von den meisten genannt wird, wusste früh, was sie wollte, also entschied sie sich nach dem Abitur für den Schritt in die USA, den Schritt auf die Arizona State University. Das College, das Spielerinnen und Spieler wie Phil Mickelson, Jon Rahm, Linn Grant oder Anna Nordqvist hervorgebracht hat – und eben Alex Försterling. „Mir was es wichtig, einen Plan B zu haben“, sagt sie heute rückblickend, „also wollte ich die optimalen Golf-Bedingungen mit einem Studium verbinden.“ Und so stürzte sich Alex Försterling ins kalte Wasser und hat es nicht bereut. „Mir hat die Zeit sehr gut gefallen, auch weil ich mit meinem Studium in Film- und Medienproduktion und digitaler Kultur etwas gemacht habe, an dem ich Spaß hatte“, erzählt die Berlinerin, die sich als kreative Person beschreibt. Vor allem aber ihr Golfspiel habe sich durch die guten Bedingungen und die Vielfalt an unterschiedlichsten Plätzen in den USA, gerade im letzten College-Jahr, enorm weiterentwickelt. „Nach zwei, drei Jahren auf der Uni habe ich mich noch nicht „ready“ gefühlt, ins Profilager zu wechseln, aber im vierten wusste ich dann, ich bin bereit.“ Und wie sie das war.
Ein Start nach Mass
Gerade einmal 18 Turniere brauchte Alex Försterling als Proette auf der Ladies European Tour (LET), um bei der Swiss Ladies Open ihren ersten Sieg zu feiern. Nur zwei Monate später folgte bei der Mallorca Ladies Open bereits der nächste. „Ich hatte mir zwar fest vorgenommen, in meinem ersten Jahr zu gewinnen, dass ich aber gleich zwei Siege hole, war auch für mich eine Überraschung“, sagt sie und lacht. Doch Lexi, wie sie seit ihrer College-Zeit auch genannt wird, ließ sich von dem Erfolg nicht verrückt machen. Stattdessen knüpfte sie 2024 da an, wo sie 2023 aufgehört hatte, gewann mit der Aramco Team Series in Florida eines der größten LET-Turniere überhaupt und dann auch noch das Amundi German Masters, das damals noch in Berlin stattfand. „Die Jahre 2023 und 2024 waren für mich eine unglaublich coole und wahnsinnig aufregende Zeit“, sagt die vierfache Tour-Siegerin. „Ich blicke sehr gerne darauf zurück. Es ist ja auch nicht so als würde es irgendwann normal werden, Turniere zu gewinnen.“ Zumal den Titel im Heimatland zu holen, vor Familie und Freunden, in der Stadt, aus der sie kommt und in der sie wohnt, für Alex Försterling natürlich ganz besonders war. „Es waren so viele Leute, die ich kannte, vor Ort, haben mitgefiebert und mich angefeuert. Mein Trainer war am Bag. Das war einfach extrem emotional. Für mich eine unvergessliche Woche und die Kirsche auf der Sahnetorte.“
Die olympische Spiele
Der verdiente Lohn für einen unglaublichen Start in die Karriere folgte dann im August letzten Jahres: Alex Försterling durfte gemeinsam mit Esther Henseleit für Deutschland nach Paris zu den Olympischen Spielen fahren. „Die ganze Woche war unglaublich aufregend, am liebsten wäre ich noch viel früher angereist“, so berichtet die 25-Jährige. Mit funkelnden Augen erzählt Lexi Försterling vom Beachvolleyball am Eiffelturm, von Weltrekorden beim Schwimmen, vom Olympischen Dorf und von einer Familie, die sie am Deutschen Haus kennenlernte, die dank der Spiele zu Golffans wurde. Kein Wunder, dass eines der zwei Ziele, die sie für ihre Golf-Zukunft nennt, die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles sind. Erstmals wird es dort auch einen Mixed-Wettbewerb geben, den sie nach reiflicher Überlegung am liebsten gemeinsam mit Matti Schmid spielen würde. „Ich habe einmal mit Matti gespielt. Er ist ein super Golfer und unglaublich entspannt. Das könnte cool und lustig mit ihm werden“, sagt die Berlinerin.
Die LPGA Tour
Das zweite Ziel, das sie nennt: Försterling möchte sich auf der LPGA Tour etablieren. Schon im vergangenen Jahr hatte sie die Großzahl ihrer Turniere auf der besten Ladies-Tour der Welt in den USA gespielt und dabei anfangs vielversprechende Ergebnisse eingefahren. Zum Ende der Saison aber lief nicht mehr viel zusammen. Zu viel und zu hart war alles gewesen. Die Anzahl der Turniere, das viele Reisen von Deutschland in die USA und wieder zurück und auch das ganze Drumherum. „Sowohl körperlich als auch mental war ich ausgelaugt“, erzählt Alex Försterling. „Ich habe auch mit anderen gesprochen. Das passiert auf der Tour leider vielen Spielerinnen im ersten Jahr.“ Doch auch in diesem Jahr gelang es ihr bislang nicht, das Leistungsniveau abzurufen, das sie eigentlich von sich selbst kennt. Eine Entzündung der Facettengelenke im unteren Rücken bremst Alex Försterling seit einiger Zeit aus. „Ich kann spielen, bin aber nicht bei 100 %. Ich habe immer Schmerzen“, sagt sie und man hört dabei in ihrer Stimme die Verzweiflung. „Man bekommt das leider nur mit der Zeit weg. Ich habe versucht, es mit einer kleinen Pause zu lösen, doch das hat nicht funktioniert.“ Eine längere Pause mitten in der Saison einzulegen, sei schwer. „Ich bin jemand, der gerne spielt und nicht mit einer Verletzung aufgibt.“ Auch wenn sie sich bewusst sei, dass es kein Aufgeben ist, würde es sich für sie doch so anfühlen. „Und das bin ich nicht, ich bin jemand, der sich da irgendwie durchkämpft.“
Die Titelverteidigung im Blick
Und weil sie eine Kämpferin ist, weiß Alex Försterling, dass der Erfolg, den sie bis Mitte 2024 hatte, wieder zurückkommen wird. „Es steckt noch in mir, da bin ich mir ganz sicher“, sagt sie. Doch für eine richtig gute Woche oder gar einen Sieg müsse eben auch alles zusammenkommen und alles in ihre Richtung laufen. So sei es immer gewesen. „Auch das Glück gehört dazu und wenn das halt mal fehlt, dann hat man eben eine kleine Hungerphase. Das ist im Sport so. Ich bin auch kein Roboter, ich kann auch nicht immer gut spielen, auch wenn es für ein paar Monate sicherlich so aussah“, sagt Alex Försterling und lacht. Beim Amundi German Masters vom 26. bis 29. Juni ist sie jedenfalls gewillt, ihren Titel zu verteidigen – nicht weil sie muss, aber weil sie es will.
Fotos: LET /Tristan Jones, Mark Runnacles