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golf kommentar
WER SOLL DA NOCH DURCHBLICKEN?
Eine weitere professionell betriebene Sportart, in der Investments von verschiedenen Seiten, Ländern und Personen für moralischen Trubel und Aufschreie der Fans sorgen. So weit, so normal. Doch wer blickt eigentlich noch durch, wenn Begriffe wie PIF, LIV Golf, PGA Tour, Elevated Events oder das neue Equity Program fallen? Ein regelrechter Wirrwarr, bei dem mal wieder die Fans die Leidtragenden sind und die Golfzukunft in den Sternen steht. Ein Kommentar von Julius Allzeit.
DER ERSTE AKT – EIN RÜCKBLICK
Wir springen zurück an einen Tag vor ziem- lich genau zehn Monaten. Es ist der 6. Juni 2023. Nur wenige Tage, nachdem DP-World- Tour-Comissioner Keith Pelley mir am Mikro- fon bei den Porsche European Open sagte, es würde bald etwas Großes zu verkünden geben, sorgen die Golfbosse dieser Welt für den wohl größten Knall in der Geschichte des professionellen Golfsports. Eilmeldung: Die DP World Tour, die PGA Tour um Commis- sioner Jay Monahan und der ach so böse Feind, die vom saudi-arabischen Staats- fonds (PIF) finanzierte LIV Golf League, schließen sich zusammen. Gemeinsam mit dem PIF soll ein neues Unternehmen gegrün- det, werden, in das in Zukunft ausschließlich ebendieser saudische Staatsfonds investie- ren darf. Den Golfsport, wie wir ihn kennen, wird es in Zukunft nicht mehr geben, habe ich damals gedacht. Die Touren haben sich an die Saudis verkauft. Traurig, aber eben alternativlos ist es, wenn die Drei-Runden- Freizeittour dank der prallsten Geldbörse der Welt doch im Wochentakt einen nach dem
anderen deiner besten Spieler mit horren- den, teils neunstelligen Dollar-Summen lockt. Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste: Das Herzstück der Golftouren – nämlich die Spieler selbst – haben von diesem plötzli- chen Begraben des Kriegsbeils genau so er- fahren wie ich, durch Twitter. Entgegen an- derslautenden Behauptungen soll nicht einmal Rory McIlroy – zum damaligen Zeit- punkt Außenminister, Sprachrohr, Topspieler und Gesicht der PGA Tour in einem – von dem Zusammenschluss gewusst haben. Ein Af- front, das sahen auch die Spieler so. „Du hast alle gegen sie aufgehetzt und jetzt willst du dich mit ihnen zusammentun?“, fragte McIlroy Monahan.
„Ich komme mir vor wie ein Op- ferlamm.“ Ver- ständlich! Schließlich war Rory von der PGA Tour nach der Gründung der LIV
Golf Tour, in die Rolle des Meinungsführers und Interessenvertreters Monahans ge- drängt worden. Immer wieder stellte er klar und machte deutlich, was er von der Saudi- Tour hält. Doch mittlerweile fällt es schwer, zu glauben, dass er all das aus Eigeninitiati- ve getan hat. „Das ist nichts, worum ich ge- beten habe. Ich bin da irgendwie hereinge- rutscht“, sagte McIlroy in der Netlfix-Serie Full Swing. Ein politisches Sprachrohr zu sein, war für den Publikumsliebling ein Vollzeitjob, den er neben seinem eigentlichen Job als Golfprofi ausübte. Und dann entscheidet Monahan einfach über seinen Kopf und den der anderen hinweg, fortan mit der LIV-Tour und dem PIF zusammenzuarbeiten? Eine fei- ge, unfaire und arrogante Entschei-
dung. Monahan setzte sich damit über das hinweg, ohne das die PGA Tour nichts wäre, das Pro-
dukt selbst: die Spieler.
Nach der
2. Staffel "Full Swing" wird der Wechsel Rahms nachvoll- ziehbarer.
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