Von einer nahezu Unbekannten zur Major-Siegerin: Nach herben Rückschlägen in der Vergangenheit schrieb Sophia Popov bei der Women’s British Open Golf-Geschichte.
Sophia wer? Vor dem vergangenen Wochenende war der Name Sophia Popov hierzulande den Wenigsten ein Begriff – von den Golferinnen und Golfern ihres Heimatclubs GC St. Leon-Rot mal abgesehen. Nach ihrem Sieg bei der AIG Women’s British Open im schottischen Golf Club Royal Troon ist Sophia Popovs Name jedoch in aller Munde – schließlich ist die 27-Jährige die erste Deutsche überhaupt, die eine Major-Trophäe mit nach Hause nehmen konnte.
Einen Vorgeschmack ihres herausragenden Talents bot Popov in diesem Jahr bereits auf der westamerikanischen Cactus-Tour, die schon kurz nach der Aufhebung des Corona-Lockdowns wieder Turniere ausrichtete. Hier machte die 1992 in der Nähe von Boston geborene junge Frau, die sowohl einen deutschen als auch einen amerikanischen Pass besitzt, durch mehrere Turniersiege auf sich aufmerksam. In der entfernten deutschen Heimat (aufgewachsen ist Popov im badischen Ort Weingarten) nahm man davon aber höchstens am Rande Notiz. Ihre größten Erfolge als Amateurin hatte die Tochter einer Schwimmerin und eines Hockeyspielers 2008 mit ihrem Sieg bei der German Girls Championship und 2010 mit der Goldmedaille bei der Einzel-Europameisterschaft in Tschechien gefeiert. 2012 holte sie mit der deutschen Mannschaft zudem Silber bei der Team-WM.
Ihre Golf-Leidenschaft verdankt Sophia Popov ihrem Vater, der sie bereits als Dreijährige an den Sport heranführte. Für ihren Traum von einer Profigolf-Karriere zog sie nach dem Abitur von Baden-Würtemberg in die USA, um mithilfe eines Golf-Stipendiums an der University of Southern California Kommunikationswissenschaften zu studieren und im College-Golfteam zu spielen. 2013 gewann sie mit ihrem Team die US-College-Meisterschaft.
Im Laufe ihrer vielversprechenden Golf-Laufbahn musste Sophia Popov auch herbe Rückschläge verkraften: Während die Qualifikation für die LPGA Tour und ihr 2014 noch mühelos gelang, verpasste sie diese bei der letzten Qualifying School ganz knapp um einen Schlag. Grund dafür waren hartnäckige gesundheitliche Probleme, für die es lange keine klare Diagnose gab. Erst nach drei Jahren und unzähligen Arztbesuchen stand schließlich fest, dass Popov an einer durch Zecken übertragenen Lyme-Borreliose litt. Nach eigener Aussage hätte die sympathische Golferin ihren Sport im vergangenen Jahr aufgrund dieser Umstände fast aufgegeben. Welch ein Glück, dass sie durchgehalten und sich zurückgekämpft hat!
Schon vor ihrem letzten Putt bei den Women’s British Open, als bereits klar war, dass ihr der Sieg nicht mehr zu nehmen sein würde, schossen Sophia Popov daher Tränen der Freude und der Erleichterung in die Augen. „Ich musste in den letzten Jahren viel kämpfen. Es ist unglaublich und es gibt so viele Menschen, denen ich danken muss. Es bedeutet mir alles, dass ich hier stehen kann und den Pokal in Händen halte“, verriet die überglückliche Major-Siegerin nach ihrem Triumph im Interview. Mit einer 67er-Runde hatte sie sich schon am dritten Turniertag in der schottischen Grafschaft Ayrshire von der Konkurrenz abgesetzt, am Ende Gelang ihr dann mit insgesamt 277 Schlägen ein Vorsprung von zwei Schlägen vor der Zweitplatzierten Jasmine Suwannapura aus Thailand.
Zu ihrem geschichtsträchtigen Triumph gratulierte auch Marcus Neumann, der Vorstand Sport des Deutschen Golfverbandes, für den Popov „eines der größten Talente des deutschen Golfsports“ ist: „Wir freuen uns sehr für Sophia. Dieser Sieg ist eine Sensation. Dass sie als Führende in die letzte Runde einer British Open geht und diese unter Druck so sortiert und taktisch überlegt zu Ende spielt, ist fantastisch. Sie ist talentiert bis in die Fingerspitzen und insgesamt eine äußerst komplette Spielerin. Hätte sie nicht immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen gehabt, wäre ein solcher Erfolg auch schon früher möglich gewesen. Sie hat sich jedes Mal wieder heran gekämpft. Dieser Erfolg ist eine bewundernswerte Leistung (…).“
Neben Sophia Popov schaffte Caroline Masson auf dem geteilten siebten Platz als einzige weiterer Europäerin eine Platzierung in den Top-Ten der Women’s British Open 2020. Laura Fünfstück landete mit 294 Schlägen auf dem geteilten 45. Rang und Sandra Gal wurde mit 299 Schlägen die Nummer 69. Esther Henseleit, Karolin Lampert und Olivia Cowan hatten zuvor den Cut und damit den Sprung in das Turnier in Schottland verpasst.