
Die neue Saison ist im vollen Gange, und trotzdem wird es jetzt für einige Golfanlagen sehr ungemütlich. Die Reform der deutschen Grundsteuer bewegt seit langem viele Menschen und Gemüter. Für einige Golfanlagen stellt sie nun aber eine echte Bedrohung dar.
Alles begann damit, dass 2018 die bisherige Bewertung von Grund und Boden, auf deren Grundlage die Grundsteuer berechnet wird, vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt wurde. Bis Ende 2019 sollte der Gesetzgeber eine neue Regelung schaffen. Gesagt, getan. Diese Reform gibt es nun und wird seither von den Ländern umgesetzt. Allerdings, wie soll es auch anders sein, gibt es in den verschiedenen Bundesländern unterschiedliche Regelungen – mit fatalen Folgen.
Große Unterschiede
Die neuen Regelungen betreffen vor allem die Bewertung des Grundvermögens. Die Mehrzahl der Bundesländer hat sich für eine Übernahme des vom Bund geregelten Bewertungsmodells entschieden, das für Golfanlagen eine Grundstückswertermittlung regelmäßig in einem komplexen Sachwertverfahren vorsieht. Andere Bundesländer haben eigene Bewertungsmodelle entwickelt, die sich teilweise am Bundesmodell orientieren, aber auch stark abweichende Ansätze verfolgen.
Massive Belastung
Grundsätzlich soll die Reform nicht zu höheren Steuern führen, das heißt, die Einnahmen einer Kommune sollen ungefähr so hoch sein wie vorher. Aber durch die neue Bewertung kommt es teilweise zu massiven Belastungsverschiebungen zwischen den einzelnen Grundstücksarten und damit sogar zu erheblichen Steigerungen der Steuerbelastung für einzelne Eigentümer. Einige Golfclubs und Betreiber von Golfanlagen trifft das unerwartet hart.
So hat beispielsweise der Betreiber „Golf absolute“ Klage gegen die neuen Bescheide eingereicht, weil die Steuer für den Kiawah Golfpark Riedstadt jährlich von 12.000 auf145.000 Euro steigt.
Dr. Marc Seymer
DGV Justitiar
Sechstellige Forderungen
„Uns sind aus verschiedenen Bundesländern Fälle bekannt, in denen sich Golfanlagen mit drastisch erhöhten Grundsteuerbeträgen, mit zum Teil existenzbedrohenden Auswirkungen, konfrontiert sehen“, bestätigt der Justitiar des Deutschen Golf Verbands, Dr. Marc Seymer. „Dabei ist unter den bekannt gewordenen Fällen eine Verfünffachung des Grundsteuerbetrages – häufig im sechsstelligen Bereich pro Jahr (!) – eher die Regel als die Ausnahme. Die „Spitze des Eisbergs“ bildete eine Golfanlage aus NRW, die pro Jahr mehr als 600.000 € Grundsteuer zahlen sollte. Auch wenn in diesem Fall zwischenzeitlich eine Korrektur erfolgte, sind die geforderten Beträge – und es gilt zu beachten für ehrenamtlich geführte Sportvereine – exorbitant hoch“, so Dr. Seymer.
Gesetzesänderung gefordert
Prominente Unterstützung erhalten die Betroffenen jetzt vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Präsident Thomas Weikert warnt öffentlich vor den negativen Folgen der Reform für den Sport und fordert, gemeinsam mit vielen anderen Sportvereinen die Finanzminister der Bundesländer auf, die Auswirkungen zu korrigieren. Laut DOSB bedarf es dringend einer politisch einheitlichen Regelung, die die besonderen Bedürfnisse des Sports berücksichtigt und die Vereine vor existenzbedrohenden Steuerforderungen schützt.
Rechtsanwältin Sabina Büttner
Bund der Steuerzahler NRW
Richtwerte sind bindend
Der Bund der Steuerzahler in NRW beschäftigt sich ebenfalls seit Monaten intensiv mit der Problematik. Laut Rechtsanwältin Sabina Büttner, Leiterin für Steuern und Soziales, stellen die Bodenrichtwerte, die in den verschiedenen Modellen der Länder eine unterschiedliche Relevanz haben, das größte Problem dar. Insbesondere bei sehr großen Flächen, wie bei Golfanlagen, führt das zu immens hohen Bewertungen. „Diese Bodenrichtwerte können nicht isoliert angegriffen werden, daher können sich die Eigentümer nicht gegen die Festsetzungen der Gutachterausschüsse wehren“, bemängelt Büttner. „Die Richtwerte sind bindend, sowohl für die Eigentümer als auch für das Finanzamt.“
Alexander Klose
DGV Vorstand
DGV prüft Klageverfahren
Inwiefern in geeigneten Präzedenzfällen Golfanlagen – etwa durch Begleitung in Einspruchs- oder Klageverfahren – unterstützt werden können, prüft derzeit auch der Deutsche Golf Verband. Laut Alexander Klose, Vorstand für Services, Recht und Kommunikation im DGV, „hat das Präsidium des Deutschen Golf Verbandes mit Blick auf die Situation jüngst das zur Verfügung stehende Budget für Rechts- und Beratungskosten signifikant erhöht.“
Protest zeigt Wirkung
Ein erstes positives Signal gibt es nun aus Hessen. Das hessische Wirtschaftsministerium hat angekündigt, dass alle Golfanlagen in Hessen zeitnah – sofern noch nicht vorhanden – eigene Bodenrichtwerte erhalten sollen. Der Präsident des Hessischen Golfverbands, Christofer Hattemer, will dies jedoch noch nicht als Erfolg feiern. „Unsere Sorge ist, dass dieses in den einzelnen Gutachterausschüssen trotzdem zu unterschiedlichen Gewichtungen und Bewertungen führen wird“, so der HGV-Präsident. Unklar sei auch, ob das zu einer Aussetzung der Einspruchsbearbeitung führt und ob neue Grundsteuermessbescheide rückwirkend gelten.
Fazit
Es bleibt also abzuwarten, ob sich alles noch zum Guten wendet. In jedem Fall hat die neue Reform das Potenzial, einige Golfanlagen in ihrer Existenz zu gefährden. Es ist daher extrem wichtig, dass die Politik die Auswirkungen ernst nimmt und für sinnvolle und faire Lösungen sorgt. <<msa