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GolfGolftraining

Golf-Mentaltraining: Wollt Ihr besser werden?

11. Mai 2021April 2nd, 2024
Mentalcoach Yannick Rosenberger
© Thomas Neu

Besser Golfen ohne Training, nur durch bessere Gedanken? Mentaltrainer Yannick Rosenberger hat das Buch „Goal 1n one” geschrieben und verrät, wie Ihr auf der Runde mental besser werdet.

Yannick, woran denkst Du am ersten Abschlag?

An einen guten Schlag, den ich beispielsweise an diesem Loch schon mal gemacht habe, um mir ein gutes Gefühl, eine gute Emotion zu geben, um auch ein Stück weit meine Nervosität zu überwinden und in etwas Positives zu verwandeln.

 

Genau das ist der Punkt: Ängste, Nervosität – wie kann ich das ausblenden?

Nervosität wird oft falsch verstanden, man könne dann seine Leistung nicht abrufen. Da bin ich ganz anderer Meinung. Nervosität ist nur ein Gefühl und ich entscheide, wie ich das interpretiere. Meine Empfehlung: Nervosität als etwas Gutes aufzufassen, mir ist wichtig, was hier passiert. Dazu dann gute Erinnerungsbilder von der Range oder anderen Schlägen in ähnlicher Situation.

 

Nehmen wir mal ein konkretes Beispiel: Ich denke mir, Chippen klappt doch eigentlich am Übungsgreen. Also, jetzt auf dem Platz brauchst Du nicht zu toppen, das wird klappen … Warum komme ich trotzdem in die Schleife zurück und der Ball schießt übers Green?

Das Problem tritt auf, wenn wir Fehler vermeiden wollen. Wenn wir das tun, geben wir dem Fehler eine zu starke Bedeutung, weil wir genau daran denken. Und wenn ich an den Fehler denke, gebe ich mir wieder ein negatives Gefühl, werde unsicher und verkrampft. Schon mache ich den Fehler dann auch. Ihr müsst die Denkweise verändern. Ted Long sagt dazu genau richtig: Ausführen nicht vermeiden! Also immer an das denken, was Du machen möchtest und nicht an das, was Du vermeiden möchtest.

Klingt mega einleuchtend! Was mache ich, wenn der Fehlschlag dann doch passiert ist?

Da gibt’s eine ganz interessante Technik, die man auch oft im Fernsehen sieht. Sie nennt sich „Reframing” oder, wie ich es schreibe, schlicht „Umerleben”. Wenn ich einen schlechten Schlag gemacht habe, gehe ich erstmal zwei Meter aus der Situation raus, um mich dann wieder genau an die ursprüngliche Schlagposition hinzustellen und in einem ganz gemütlichen Tempo nochmal meine Schwungbewegung zu machen. Dabei stelle ich mir vor, wie der Ball genau an der richtigen Stelle gelandet wäre. Was passiert, ist ganz einfach: Ich gebe mir durch diese Vorstellung wieder ein gutes Gefühl, denke nicht mehr so stark an den missglückten echten Schlag und gewinne Zeit, um wieder den nächsten Schlag fokussiert angehen zu können.

 

Jetzt, wo Du es sagst: Das sieht man oft bei den Profis nach schlechten Schlägen …

.. und die üben dann nämlich nicht einfach nur den Schwung nochmal, sondern holen sich ein gutes Gefühl, um das schlechte nicht bis zum nächsten Schlag zu tragen.

 

Ich frage mich oft, ob es sinnvoll ist, die ganze Runde fokussiert zu sein. Oder hilft es, auch mal an etwas ganz anderes zu denken?

Es ist sogar kontraproduktiv, wenn Du immer versuchst, fokussiert oder im Tunnel zu sein! Spätestens auf den zweiten 9 bist Du dann komplett erschöpft. Das frisst Dich auf. Es hilft, sich zwischen den Schlägen abzulenken – auf die Natur zu achten oder mit den Mitspielern zu quatschen. Wichtig ist nur, dass ich mich durch meine Routine wieder in die Fokussierung bringe. Will sagen: Ich wende einen bestimmten Ablauf an, um mir einen Schutzschild zu bauen und immer in den gewünschten mentalen Zustand zu kommen, wenn ich am Ball bin. Dazu gehört dann aber auch die Post-Shot-Routine, um den Schlag nochmal positiv gedanklich durchzuleben, wenn er mal nicht so gelungen war. Danach muss ich dann aber wieder loslassen.

Und ich dachte immer, Routine wäre etwas, um mich auf den Schwung einzustellen …

Routine hat für mich nichts mit Technik zu tun, sondern ist nur ein mentaler Prozess. Von der Schlägerauswahl bis zum Abhaken des Schlages versuche ich, mir ein gutes Gefühl zu geben. Jeder hat wahrscheinlich schon mal vom „Flow” gehört. Den erreichst Du nur, wenn Du in Deinem gewünschten mentalen Zustand bist und um Dich herum nichts mehr wahrnimmst. Das beste Golf spielst Du immer dann, wenn Du keine Gedanken im Kopf hast. Das schaffst Du nur, wenn Du Dir ein Schutzschild um Dich herum baust, in dem Du Dich wohlfühlst.

 

Das erklärt, warum viele Profis oft emotionslos wirken … Eine Sache, die viele kennen: Handy in der Tasche – wegen Erreichbarkeit, wegen Bundesliga. Absolut störend oder okay, um sich mal ablenken zu lassen?

Wenn Du die Fußballergebnisse checkst oder kurz eine Whatsapp an Freunde schickst, das ist alles okay und hilft, zwischen den Schlägen loszulassen. Das Problem ist bloß: Wenn das Handy eingeschaltet ist, wissen wir nicht immer, was kommt. Und wenn dann plötzlich eine negative Nachricht reinkommt, bekommst Du selber ein negatives Gefühl. Und das ist genau das, was wir nicht wollen. Also lass es besser aus.