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Golf

Drive it (fast) like Bryson

3. Mai 2021
© PGA, Getty Images

Justin Thomas gewinnt die PLAYERS, Patrick Reed die Farmers Insurance Open und Dustin Johnson und Brooks Koepka holen sich einen Sieg in der Wüste. Das Golfjahr 2021 hat uns bisher nicht enttäuscht und trotzdem bleibt der bisherige Moment der Saison ein anderer.

Ja, das Turnier hat er zwar auch gewonnen, so wirklich hängenbleiben wird wohl aber der Abschlag, den Bryson DeChambeau an der Bahn 6 beim Arnold Palmer Invitational spielte. Das als Dogleg angelegte Par 5 hat eine Länge von 531 Yards (485 Meter) mit einem riesigen Wasserhindernis, um das sich das Fairway schlängelt (siehe Grafik S. 69). Ein Abschlag von rund 300 Yards bietet den Profis eine gute Chance, mit dem zweiten Schlag das Grün anzugreifen. Mit dem zweiten? Offensichtlich zu langweilig für den Golf Wissenschaftler im Körper des Hulks. Denn der versuchte mal eben glatt das Grün anzugreifen. Mit seinem Abschlag! Auf einem Par 5! Einen Monster-Drive Versuch hatte der US-Boy zwar schon vor seiner Runde angekündigt, doch er zog es auch tatsächlich durch. Er richtete sich aus, schwang, haute drauf und riss die Hände in die Luft. 377 Yards später kam sein Ball zum Liegen. Noch 60 Meter zur Fahne. Doch wie ist das möglich? Liegt es wirklich nur an den 20 Kilo Körpergewicht, die Bryson DeChambeau drauf gepackt hat? Paul Dyer, einer der besten Golftrainer Europas weiß es besser. 

Es kommt nicht auf die Länge an, sondern auf die Technik. Ein sehr bekannter Satz, der so im Golf keine Anwendung findet, weiß Dyer. Denn neben der natürlich wichtigen Technik, ist es mittlerweile statistisch bewiesen, dass die Schlaglänge den Hauptunterschied zwischen guten und weniger guten Golfern ausmacht. Und damit ist nicht etwa nur der Drive gemeint, sondern auch die Holz- und Eisenschläge vom Fairway. Nicht umsonst greift ein McIlroy oder eben ein DeChambeau zu einem Eisen 9, wo ein Durchschnittspieler das Eisen 5 aus der Tasche holt oder vielleicht sogar zum kleinen Hybrid greift. 

Das Setup Körperneigung bereits mit der rechten Schulter tief.

Aufschwung Handgelenke winkeln für mehr Hebelwirkung.

Als Übung den Schläger umdrehen und beim Durchschwung ein Geräusch („swish”) erzeugen.

Klein oder groß, dick oder dünn, muskulös oder eher schmächtig. All dies ist nicht allein ausschlaggebend für einen langen Golfschlag. Und so lassen die 20 Kilogramm mehr auf den Hüften DeChambeaus ihn nicht von allein länger schlagen. „Doch natürlich ist es mit mehr Power einfacher, eine höhere Schlägerkopfgeschwindigkeit zu erreichen”, sagt der Engländer, der auch zu den besten 75 Trainern weltweit gehört. Und eine höhere Schlägerkopfgeschwindigkeit ist eben eins von drei Dingen, die einem helfen, den Ball länger zu schlagen. Die Formel dafür ist ganz einfach: „Je schneller ich schwingen, kann desto weiter kann ich schlagen.” Auch der zweite Faktor ist keine Zauberei: der saubere Treffpunkt, auch „Sweet Spot” . Treffen wir den Ball genau in der Mitte der Schlagfläche, so wie es sein soll, und nicht an der Hacke oder der Spitze des Blattes, überträgt sich nicht nur 100% der Schlägerkopfgeschwindigkeit, sondern wir können sie sogar bis zu 50?% erhöhen. Auch die Ballgeschwindigkeit steigt dadurch extrem. „Das ist der sogenannte Trampolineffekt”, erzählt Dyer. Für ein optimales Feedback des Treffers auf der Schlagfläche, empfiehlt sich die Nutzung des Impactsprays, das genau anzeigt, wo der Schläger den Ball getroffen hat. Der dritte Schritt zu einem längeren Schlag und dieser kommt vor allem beim Driven ins Spiel, ist der richtige Startwinkel des Balles. Dafür sollte ich den Ball so hoch aufteen, wie ich es mich traue und den Ball auf der Höhe des linken Fußes haben, um den Ball möglichst hoch starten zu lassen. „Auch wenn das jeder in der Platzreife gelernt hat, macht es leider kaum jemand. Rund 90 Prozent der Golfer machen sich durch einen Treffmoment im Abschwung ihre Schlägerkopfgeschwindigkeit und den sauberen Kontakt kaputt, weil der Ball einfach zu flach startet und dadurch nicht weit fliegen kann.” Zudem rollt der Ball nicht besonders weit, wenn man ihm durch den Treffer im Abschwung Back Spin mitgibt. 

Doch lange Schläge sind die eine Sache. Ein Schlag von Bryson DeChambeau eine noch mal ganz andere. Wo also liegt Brysons Geheimnis? Neben den genannten Faktoren hat der US-Amerikaner einen ganz besonderen und sehr dynamischen Schwung, bei dem er sich stark aufdreht und viel Geschwindigkeit mit in seinen Schlag bringt. Doch nicht nur das. Auch hat sich der letztjährige U.S. Open Sieger mit dem Long Drive Champion Kyle Berkshire zusammengetan, von dem er sich einiges an Technik abgeguckt hat. Das ist der Grund, aus dem er sich praktisch von seinem Fuß wegkatapultiert und dieser fast wegfliegt. Dies ist typisch für die Long Drive Profis und sieht manchmal nach purer Gewalt aus. Doch auch dahinter steckt einiges an technischer Finesse. Eines jedenfalls ist klar: Sich etwas bei Bryson DeChambeau abzugucken, wenn es ums Thema Länge vom Tee geht, dürfte auf keinen Fall schaden!