
Beim Amundi German Masters feiert Shannon Tan ihren zweiten LET-Titel. Helen Briem wird dahinter Zweite, Esther Henseleit geteilte Zehnte. Tausende Fans feiern ein Golf-Fest.
Was für ein Wochenende. Was für ein Kurs. Und was für ein Triumph: Beim Amundi German Masters 2025 auf dem berüchtigten Nord Course der Green Eagle Golf Courses in Winsen bei Hamburg zeigte sich Damengolf von seiner besten Seite – sportlich, emotional und vor allem: publikumswirksam.
Denn was die LET (Ladies European Tour) an diesen vier Turniertagen auf deutschem Boden auf die Beine stellte, hatte Format. Und zwar im doppelten Sinne: Während der Platz von Tag zu Tag bissiger wurde – sehr zur Freude von Green-Eagle-Besitzer Michael Blesch, der anfänglich noch mit den Setups der LET haderte, weil er dem Ruf seines „Green Monsters“ gerecht werden wollte – stieg auf den Naturtribünen die Stimmung fast im Stundentakt.
Ein Turnier der Premieren – auf einem Platz mit Ansage
Der Umzug nach Hamburg hat sich gelohnt. „Das ist einer der besten Golfplätze für ein großes Turnier, den wir in Deutschland haben und Hamburg ist eine echte Golferstadt“, sagte Olympiamedaillengewinnerin Esther Henseleit – und das mit leuchtenden Augen. Kein Wunder: Tausende Zuschauer, bestes Sommerwetter und ein Platz, der alles andere als brav war. Während es am Donnerstag noch vergleichsweise gnädig zuging, zeigte der Nord Course zum Wochenende seine Krallen: längeres Rough, mehr Wind, trickreichere Fahnenpositionen. Für Zuschauer war das ein Fest, für Spielerinnen ein Härtetest.
Aber genau das macht Golf auf Weltklasse-Niveau eben aus – und Shannon Tan zeigte eindrucksvoll, wie man damit umgeht. Die 21-Jährige aus Singapur rettete am Sonntag auf den Bahn 18 das Par, nachdem sie gefährlich nah ans Wasser drivte und damit auch ihren zweiten LET-Titel mit neun unter Par. „Das war definitiv knapp“, sagte sie im Interview – und atmete sichtbar auf. Die Zuschauer? Feierten sie wie es sich für eine Siegerin gehörte. Und Tan? Freute sich nicht nur über die Trophäe, sondern auch über ein Autogramm von Esther Henseleit – das sie sich zwar nicht selbst holte, aber irgendwie dann doch bekam. Golfherz, was willst du mehr?
Shannon Tan konnte beim Amundi German Masters ihr zweites LET-Turnier gewinnen. Foto: Getty Images
Helen Briem: Nervenkitzel, Publikumsliebe und nur ein kleines bisschen Frust
Fast hätte sie es geschafft. Helen Briem, 19 Jahre jung, auf den letzten beiden Bahnen voll im Titelrennen – aber zwei Putts zu kurz. Am Ende ein zweiter Platz, ein Schlag Rückstand auf Tan. Doch wer der Nürtingerin an diesem Wochenende zuschaute, spürte: Da wächst nicht nur ein Talent heran, da steht schon eine der spannendsten Spielerinnen Europas auf dem Platz. „So viele Zuschauer habe ich noch nie erlebt“, sagte sie. Und man sah es ihr an, wie sehr sie das genoss. Adrenalinschübe auf den Par 3s, Schulterklopfen auf den Fairways, ein Grinsen, das auch nach verpasstem Sieg nicht wich.
„Brutal cool“ nannte sie das alles. Recht hat sie. Und mit dem ersten Major vor der Brust (Briem reist kommende Woche zur Amundi Evian Championship) dürfte auch der Frust über zwei verpasste Putts schnell verpuffen. Denn wer mit 19 Jahren zum neunten Mal in die Top 5 eines LET-Turniers spielt, hat sehr viel richtig gemacht.
Kauffmann, Henseleit und Co.: Applaus für deutsche Damen
Auch wenn es für einen deutschen Sieg diesmal nicht reichte – die Bilanz konnte sich sehen lassen. Carolin Kauffmann landete auf Rang acht – ihr bestes Ergebnis auf der LET. „Ich war supernervös, aber es hat riesigen Spaß gemacht, vor so vielen Leuten zu spielen“, sagte sie. Und besonders das Zusammenspiel mit Helen Briem lobte sie: „Trocken im Humor, total entspannt – das hat gepasst.“ An Loch 16 ein Birdie, an der 17 das Up&Down aus dem Bunker – für die 26-Jährige ein emotionaler Befreiungsschlag.
Esther Henseleit – immer noch die deutsche Galionsfigur im Damengolf – wurde Zehnte. „Golftechnisch wäre mehr drin gewesen“, sagte sie, „aber das hier war ein tolles Turnier. Hamburg hat geliefert.“ In einem Nebensatz ließ sie durchblicken, dass sie von den Zuschauerzahlen überrascht war – im besten Sinne. Im GOLF’n’STYLE-Interview bekannte sie auch, dass eine wie Nelly Korda das vielleicht gewohnt sei. Für sie selbst aber war das ein Erlebnis. Was zeigt: Nicht nur sportlich, auch atmosphärisch war das Turnier ein Quantensprung.
Esther Henseleit wurde am Ende geteilte Zehnte. Foto: Getty Images
12.500 Fans – und eine zufriedender Michael Blesch
Rund 12.500 Zuschauer kamen an den vier Turniertagen auf die Anlage. „Selbst am Donnerstagmorgen um acht Uhr standen schon viele am ersten Tee“, sagte Henseleit fast ungläubig. Die Stimmung war über das ganze Wochenende elektrisierend – freundlich, neugierig, mit Applaus an den richtigen Stellen. Für die LET war Hamburg ein Glücksgriff. Für Green-Eagle-Macher Michael Blesch am Ende auch. Der passionierte Platzdesigner war spätestens am Finaltag zufrieden gewesen sein, nachdem er die Grüns und Abschläge anpassen durfte: Green Monster gebändigt, aber nicht gezähmt.
Damengolf zum Anfassen – und mit Zukunft
Turnierdirektor Dirk Glittenberg jubelte: „Das war eine Benchmark für die LET.“ Daniel Reitz von Titelsponsor Amundi sprach von „deutlich mehr Fans“ als im Vorjahr. Und auch der Deutsche Golf Verband zeigte sich begeistert – zumal die Talente des Golf Team Germany mit fünf Spielerinnen in den Top 20 glänzten.
Mit Briem, Kauffmann, Henseleit, Back und Sattelkau war Deutschland nicht nur sportlich gut vertreten, sondern präsentierte sich auch als Gastgeber mit Format. Der Standort nahe Hamburg, die mediale Präsenz, die Eventatmosphäre – das alles macht Hoffnung auf mehr. So rief man dann auch zum Abschied die vielen Tausend Zuschauer auf, dieses Turnier in die Golfwelt zu tragen, denn im nächsten Jahr geht doch sicherlich noch ein bisschen mehr, oder?
Das Fazit? Dieses Turnier war kein Durchbruch. Es war ein Aufbruch. Für Damengolf in Deutschland, für große Turniere im Norden – und vielleicht auch für ein neues Selbstverständnis: Damengolf kann nicht nur mithalten. Es kann begeistern.
Und wer auf dem Green Monster bestehen will, braucht nicht nur Gefühl im Handgelenk – sondern auch Fans im Rücken. Die waren da. Und wie.