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GolfLife

SCHMERZHAFTE Überbelastung

21. August 2019Oktober 23rd, 2019
Golfer der seinen Ellenbogen hält
Foto:sattahipbeach

Wenn der Arm dauerhaft schmerzt, steckt dahinter oft ein „Golfer-Ellenbogen” oder „Tennisarm”. Der Orthopäde und Sportmediziner Dr. med. Thorsten Schubert erklärte uns, wie man diese vermeidet und behandelt

Eines ist klar: Sport zu treiben ist in der Regel wesentlich gesünder, als es nicht zu tun. Dennoch: Jede Sportart hat auch ihre Gesundheitsrisiken, die meist dann auftreten, wenn man es mit dem sportlichen Ehrgeiz etwas übertreibt. Wer sehr regelmäßig einen Golfschläger schwingt, bekommt zum Beispiel oft Probleme in den Armen. Der Orthopäde und Sportmediziner Dr. med. Thorsten Schubert hat es in seiner Hamburger Praxis häufig mit Golferbeschwerden zu tun und verrät uns, wie man diesen vorbeugen kann.

Dr. med. Thorsten Schubert  ist seit 25 Jahren als Sportmediziner, praktizierender Orthopäde, Unfall- und spezialisierter Fußchirurg tätig. Seit 1994 betreibt er mit zwei Partnern die Gemeinschafts-Praxis Orthopaedicum Hamburg. Tennis spielte er bereits als Kind, den Golfsport entdeckte er vor 10 Jahren für sich

Herr Dr. Schubert, klären Sie uns bitte auf: Was genau versteht man unter dem „Golfer-Ellenbogen” und dem „Tennisarm”?
Sowohl?beim?Golfer-Ellenbogen (Epicondylitis humeri ulnaris) als auch beim Tennisarm (Epicondylitis humeri radialis) liegt eine Überanspruchungs-Symptomatik in Form einer Entzündung des Sehnenansatzes bei häufig schon bestehender Sehnen-Degeneration?vor.?Diese kann zu teilweise starken Schmerzen führen, die in den ganzen Arm ausstrahlen. Der Unterschied zwischen einem Tennisarm und einem Golfer-Ellenbogen liegt in der Region des Schmerzes. Der Begriff „Tennisarm” beschreibt eine Entzündung an der Außenseite des Arms unterhalb des Ellenbogens (am Ansatz der Strecksehnen des Handgelenkes). Beim Golfer-Ellenbogen handelt es sich hingegen um eine Entzündung an der Innenseite des Unterarms unterhalb des Ellenbogens (am Ansatz der Beugesehne des Handgelenkes). Bei beiden Beschwerdebildern können Arm- und Handbewegungen wie Beugen, Strecken, Greifen, Drehen und Heben zu Schmerzen führen. Treffen kann diese Erkrankung praktisch jeden. Da es sich aber um eine Überbeanspruchung (Overuse) der Unterarmmuskulatur handelt, sind besonders jene betroffen, die diese Muskelgruppe normalerweise wenig fordern, sie dann aber plötzlich überfordern. Menschen ab dem 40. Lebensjahr sind vermehrt betroffen, da bei ihnen oft bereits eine altersbedingte Sehnendegeneration vorliegt.

Wie entstehen diese Beschwerden? Ist Sport die einzige Ursache?
Oft entsteht gerade der Golfer-Ellenbogen durch eine fehlerhafte Technik beim Golfspiel. Dabei können mehrere Aspekte eine Rolle spielen. Die falsche Schlägerhaltung, ein zu fester Griff oder zu viel Bodenkontakt beim Treffpunkt des Balls können allesamt Ursachen sein. Neben dem Sport können aber auch Alltagsgegebenheiten eine Rolle spielen und die Schmerzen verursachen: Eine falsche Schlafhaltung, das Arbeiten am Computer oder ungewohnte Hausarbeiten wie Streichen oder Holzhacken können ebenfalls einen Golfer-Ellenbogen oder einen Tennisarm hervorrufen.

OFT ENTSTEHT DER GOLFERELLENBOGEN DURCH FEHLERHAFTE TECHNIK

Haben Sie Tipps, wie man dem vorbeugen kann?
Golfer sollten darauf achten, mit dem richtigen Material zu spielen. Die Schläger müssen zum Spieler passen. Dabei sind sowohl die Länge und der Flex des Schafts als auch die Dicke des Griffs entscheidend. Passen diese nicht zur Anatomie des Golfers, kann dies durchaus zu einer Fehlbelastung führen. Das Ergebnis sind dann häufig Schmerzen im Arm. Man sollte sich bei der Schlägerwahl also unbedingt vom Pro seines Vertrauens beraten lassen. Die richtige Technik beim Griff und beim Schwung ist natürlich ebenfalls sehr förderlich, um einem Golfer-Ellenbogen oder einem Tennisarm vorzubeugen.

Aktivbandagen (z.B. EpiTrain von Bauerfeind) können Schmerzen im Arm lindern und die Heilung eines Golfer-Ellenbogens fördern.

Inwiefern kann spezifisches Unterarmtraining – sei es durch Kraftübungen im Fitnessstudio oder durch spezielle Unterarmtrainer – bei der Prävention helfen?
Zunächst sollte die entzündliche Phase des Golfer-Ellenbogens oder Tennisarms durch entsprechende Therapien abgeklungen sein. Danach wäre eine Mischung aus Kraft- und Dehnungsübungen als Erweiterung des Therapieprogramms sinnvoll. Das sogenannte exzentrische Krafttraining steht hier im Vordergrund. Bei dieser Trainingsmethode ist das Ziel, dass sich der Ansatz und der Ursprung des Muskels während der Muskelkontraktion voneinander entfernen (Gegenteil von klassischen Bizeps-Curls).?Anscheinend?wirkt diese Art von Krafttraining auf eine vorgeschädigte, degenerative Sehne als mechanischer Reiz für die Neubildung von Sehnenzellen. Ähnlich wirkt eine Akupunkturbehandlung in Form einer Hot-Needle Therapie.

Gibt es Unterschiede in der Ausprägung des Golfer-Ellenbogens bzw. des Tennisarms?
Natürlich sind die Stärke, Dauer und Lokalisation der Schmerzen bei jedem unterschiedlich ausgeprägt. Generell unterscheidet man aber zwischen zwei Formen: der akuten und der chronischen. Bei der akuten Form herrscht ein stärkerer Ruheschmerz, der allerdings nach ein paar Tagen Schonung in Verbindung mit Physiotherapie, Kühlung oder entlastenden Tapes wieder vergehen sollte. Die Symptome bei der chronischen Form dauern in der Regel länger als drei Monate an. Der Ruheschmerz ist hier geringer als bei der akuten Form, der Belastungsschmerz allerdings deutlich höher. Diese Erkrankungsform erfordert eine andere Therapie, da sich die Sehne bereits strukturell verändert hat. Bei dem sogenannten exzentrischen Training kann sich der Schmerz zu Beginn möglicherweise verstärken, danach wird er aber weniger. Zusätzlich sollte man sich physiotherapeutisch behandeln lassen und seine Unterarmmuskulatur kräftigen.

 „Mit Dehnübungen und Gelenkschonung tragen Patienten selbst entscheidend zur Heilung bei.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es für den Golfer-Ellenbogen und den Tennisarm?
Wichtig ist, dass jeder Sportler, der unter einem Golfer-Ellenbogen oder einem Tennisarm leidet, aktiv zur Heilung beiträgt und sich in gewisser Weise selbst therapiert. Neben einer Physiotherapie-Behandlung?sollte jeder Betroffene darauf achten, sein Gelenk zu schonen und Dehnübungen zu machen. Es ist wichtig, die gesamte Gelenkkette zu behandeln, also auch an mögliche Funktionsstörungen der Hals- und Brustwirbelsäule zu denken. Als ergänzende Therapien gibt es mittlerweile allerhand Möglichkeiten. Eine davon ist die Schockeis-Therapie, die einst von John F. Kennedys Leibärztin erfunden wurde. Hier wird ein sogenannter Triggerpunkt vereist und die Armmuskulatur anschließend sehr stark gedehnt. Die wohl bekannteste Behandlungsmethode ist jedoch die Stoßwellen-Therapie.?Elektromagnetisch gepulste Stoßwellen sollen hierbei die Durchblutung sowie den Zellstoffwechsel anregen und durch die Stammzellenaktivierung dabei helfen, die körpereigene Heilung (Selbstheilung) voranzutreiben. Etwa drei bis fünf Behandlungen sind notwendig, um Erfolge zu erzielen. Ich möchte aber noch einmal betonen, dass alle diese Therapie-Methoden ergänzende Therapien sind. Die entscheidenden Bausteine für die Heilung sind tatsächlich Physiotherapie, Dehnübungen und die Schonung des betroffenen Gelenks. Außerdem haben sich lokale Injektionen mit Hyaluronsäure-Präparaten an die Sehnenansätze sowie Akupunkturbehandlungen bewährt.

Vielen Dank für das Interview, Dr. Schubert!

Fotos: Norbert Kübart, sattahipbeach, Alila Medical Media, Africa Studio/Shutterstock.com